Das glühend-heisse Dreieck: Delhi–Agra–Jaipur

Zwischenbilanz

  • Tage in Indien: 12
  • Tage mit Durchfall: 6
  • involvierte Verkehrsunfälle: 2
  • Anzahl Lassis: 24
  • Gekaufte Kamele: 0
  • Durch feilschen gespartes Geld: 360 Rs
  • Bezahltes Schmiergeld: 600 Rs
  • Maximaltemperatur: 43 Grad
  • Anzahl Regentage: 0
  • Niedrigste Temperatur: 24 Grad (klimatisiertes Restaurant gefunden)
  • Zugfahrten: 4 – Gesamtkilometer: 2016 km
  • Längste Zugfahrt: Bikaner – Bombay: 24h 10 min + indische Reise-Toleranz-Zeit

 

Und genau auf dieser Fahrt befinden wir uns nun gerade, somit genug Zeit mal wieder das Vergangene in Wort & Bild zu fassen. Zu Beginn wollten wir, wie es sich für einen ordentlichen Touristen gehört das sogenannte “goldene Dreieck” im nördlichen Teil Indiens bereisen.

New Delhi – Is this India?

Los gehts…aber wann kommt er denn nun der Zug und wo???

Man erwartet ja etwas anderes, wenn man in Delhi aus dem Flieger kommt. Wir dachten, dass dort heilige Kühe an den Gepäckausgaben grasen, Gurus einem die nächsten Flugankünfte voraussagen, emsige Luggage-Wallahs versuchen den ankommenden Touristen ihre ersten Rupies aus den Taschen zu leiern und Hotel-Schlepper einem die allerbesten und “Special-Prices for you my friend” Angebote machen.

Etwas enttäuscht stellten wir also fest, dass dem nicht so ist. Hell, ultramodern und menschenleer – sind wir wirklich in Indien angekommen? Dass wir wirklich in Indien waren, stellten wir fest als wir aus der Express-Metro in New Delhi Railwaystation ausstiegen. Knapp 40 Grad, sengende Hitze – und alles voller Menschen, Tuk-Tuks, Fahrradrikschas, Kühen, Mopeds oder Autos. Es riecht, lärmt, hupt, es stinkt nach Urin nach Fäkalien, nach Müllkippe, nach Smoggeschwängerter Luft – “WELCOME TO INDIA!” mit diesen Worten wurden wir von einem turbantragenden Inder begrüsst. Ob wir denn das erste mal in Indien seien, woher wir kommen, seid wann wir da seien. “Just arrived now?? You know you have to register at tourist-office?” häää? warum das denn. “No we just want to cross the railwaystation there is our hotel, you know where we can cross?” – “NOOOO crossing not allowed without railway-ticket – but you have to register anyway… Its election-time, every tourist has to register – Delhi is very security-loving you know? No problem I drive you…” – und bähm fällt man schon auf den ersten Inder rein, der einem über den Weg läuft. Die Fahrt mit dem Tuktuk endet natülich vor einem Hinterhof-Travel-Office-Büro dem man schon von aussen ansieht, dass hier dumme Touris über den Tisch gezogen werden. Wir “bedanken” uns vor der Türe, ärgen damit einerseits den Fahrer, der seine dicke Provision kurz vor dem Ziel flöten gehen sieht und andererseits uns über die dumme europäische Gutgläubigkeit. Statt wie geplant zu laufen nehmen wir ein anderes Tuk-Tuk (natürlich für nun einen überhöhten Preis, dafür versichert einem der Fahrer mit breitem Grinsen “Nomole tourist info!”) – ja dann. Welcome to India – und wieder die Gewissheit, dass auch hier wie in Südostasien ein ähnliches Spiel mit Touristen gespielt wird: Rip the rich white man!

Angekommen, erstmal ESSEN. Indian Special Thali.

 

“Yes Sir!” – Delhi-Sightseeing

Wenn man also mit grossem Backpacker-Rucksack auf der Strasse steht ist man sowas wie Freiwild in den Augen der Inder. Jedenfalls kann man sich dann kaum retten vor Angeboten “Yes sil, Tuk-Tuk?” “Need Hotel? vely nice hotel – cheap-cheap.” “Yes sir, ailpolt? I show you…” – wir dachten das legt sich, ohne grossen Rucksack – dem ist aber nicht so, kaum verlässt man die Türe des Hostels wird man umringt von bettelnden Kindern, Tuk-Tuk-Fahrern, Fahrradrikscha-Fahrern oder sonstigen Herren die einem von Hotelunterkünften über Drogen bis zu “Partyeinladungen” alles andrehen wollen. Deren Hartnäckigkeit ist dabei umwerfend und mit der Zeit recht mühsam. Ein einfaches “No, thank you” reicht meist nicht aus, entweder man muss seine Antwort 10mal wiederholen, den Schatten unbeachtet neben sich weiterbrabbeln lassen oder man spielt den unfreundlichen Ausländer und gibt mit dem Tonfall des “NO” und einem strafenden Blick klar zu verstehen, dass bald Taten folgen wenn er nicht bald aufhört zu nerven.

Wenn nur alle Verkehrsteilnehmer hier so gechillt wären

Dazu die knallvollen Strassen, alles hupt und schiebt und zwischendrin stehen die Kühe und denken sich wohl nur “ja und?” Um uns vor dem Chaos zu “retten” flüchten wir uns ins Jantar Mantar – eine Parkanlage mit beeindruckenden terracotta-roten historischen Sternwarten und einer gigantischen Sonnenuhr – ein ruhiger Platz um der ersten Hektik des Ankunftstages zu entgehen. An einem Punkt hatte der schlitzohrige Tuk-Tukfahrer jedoch Recht, die Inder sind paranoid was Sicherheitsvorkehrungen angeht, so muss man an allen Metro- und Bahnstationen sowie an den meisten Sehenswürdigkeiten einer Leibesvisitation unterziehen – wobei ich glaube bei der Gründlichkeit könnte man sich das oftmals sparen, aber abschreckend wirken die Militärs mit den MGs im Anschlag schon irgendwie…grazy india.

Jantar Mantar – überdimensionale Sonnenuhr

hä? wieviel Uhr is jetzt?

Unsere kommenden zwei Tage Sighseeing fallen dummerweise auf ein Wochenende, so dass wir weder beim Red Fort, dem Chandni Chowk (der grossen alten Basarstrasse – so bunt, so voll – mit einem noch eindrucksvolleren und reizüberflutenden Gewürzbasar) noch am Humayuns Thomb alleine waren. Darüber hinaus sind wir auf Ghandis letzten Schritten gewandelt und haben den Ort besucht, an dem er 1948 von einem verrückten Hindu erschossen wurde sowie den Ort an dem er anschliessend verbrannt wurde – bevor es nach 3 Tagen in Delhi weitergehen sollte Richtung Agra…

Like it spicy, Sil?

Like it mol’ spicy???

Wir sind echte Fans von diesem Pickle-Chutney-was auch immer…puäähh

Im Gandhi Muesum

Gandhis Kremations-Platz

“My life is my message.” M. Gandhi

Leere Strassen – und das in Delhi??

…dafür volle Gassen.

…weitere Impressionen aus New Delhi: 

Akro in Agra?

Kotzalarm?! Zum Glück kams nur unten raus.

Schon am Abfahrtsmorgen wird Hardy von der indischen Reisekrankheit heimgesucht, die uns, wir wir noch unschwer ahnen, die nächsten Tage hartnäckig begleiten wird. In Agra angekommen lassen wir uns erstmal von einem der 1000 streundenden TukTuk-Fahrern in unser Hotel in der Nähe des berühmt berüchtigten Taj Mahal fahren. Aufgrund der Nebensaison herrscht ein Überangebot an allem, was Touris brauchen oder nicht brauchen. Es ist unglaublich, wie einen die Leute penetrieren um einen in ihren Shop, ihr TukTuk oder ihr Hotel zu zerren. Wir hatten unser Hotel vorgebucht, waren die einzigen Touris dort und wurden demnach von der gelangweilten Hotel-Crew auf Schritt und Tritt beobachtet. Das Hotelzimmer glich einem feuchten Schnackenbiotop, aber immerhin hatten wir ein eigenes Klo, was sich in den folgenden Tagen insbesondere für Hardy als äusserst nützlich erwies. Zwischen den Dünnschissepisoden und den Klopapier- und Colaeinkaufstouren schafften wir es dann auch noch den Taj kurz nach Sonnenaufgang zu besichtigen. Die strengen Sicherhitsvorschriften im Hinterkopf machten wir uns also kurz nach 6 Uhr morgens auf zu den Sicherheitskontrollen am Südtor. Taschenmesser, Kaugummis und Stifte sowie Bücher hatte ich im Hotel gelassen, also kann ja nix schiefgehn. Denkste… die gute Dame, die unseren Rucksack inspiziert, hält plötzlich den Haggi-Sack in den Händen und wirft uns einen irritierten Blick zu. “Its just a ball – for playing.” – “No, no, not allowed!” Bidde??? Und nu…am Eingang lassen dürfen wir ihn nicht, er könnte ja explodieren. Also ich nochmal raus und auf der Suche nach den Schliessfächern. Hardy musste ja in der Nähe des Klos bleiben ;-) Dass die Schliessfächer weiter entfernt waren, als der Taj von unserem Hotel, konnte ja keiner ahnen. Wie dem auch sei, der Haggi-Sack wurde sicherheitsgemäss untergebracht, und ich hatte unterwegs 10 Kinder an der Backe, die mir Taj-Mahal-Schneekugeln verkaufen wollten sowie eine Handvoll anhänglicher Inder, die mich durch den Taj führen wollten. Trotz der frühen Morgenstunde strömen wir letztendlich mit wahrscheinlich für dieses Bauwerk noch moderaten Besuchermassen in das Herz der Anlage – Hardy stets mit panischem Ausblick aufs nächstliegende Klo, zusammengekniffenen Pobacken und gelegentlichen Schwächeanfällen.

Das Monument schlechthin.

Safer Taj – Überzieher sind hier Pflicht!

Ob die Malai Kofte wohl drin bleiben?

Der Taj Mahal stellte sich wirklich als ein sehr beeindruckendes Monument heraus, der aber leider aufgrund der Menschenmassen (wir inbegriffen) an Charme einbüsst. Wenn man sich vor Augen hält, dass dieses pompöse Gebäude “lediglich” als Mausoleum gebaut wurde ist es schon aus einem verdammt narzistischen Gedanken entstanden, für uns aber die absolute Perfektion in Geometrie und Baukunst. So hat sich der Besuch in Agra gelohnt, auch wenn wir es, soweit wir es erfahren haben keine lohnenswerte Stadt ist, in der es von Schleppern nur so wimmelt. Hinzu kam dann noch die Dünnschiss-Episode, die inzwischen auch noch mich ereilt hatte und so verbrachten wir in Agra sehr viel Zeit in unserer Schnakenhölle und auf dem Klo, bevors dann nach 2 Tagen weiter ging nach Jaipur.

…weitere Agra/Taj Mahal Impressionen:

 

Ein einziger Basar – Jaipur

Also morgens mit nüchternem Magen (nur keine Experimente im Zug!) raus aus der Schnakenhölle; nach leppischen 7 Stunden Zugfahrt kommen wir in Jaipur an (Einfache Formel = Glänzendes Resultat: nix rein, nix raus! – somit wurde der Zug verschont ;)). Zum Auskurieren suchen wir uns ein für Jaipur’s Verhältnisse teureres Hotel und hoffen, dass es hält was es verspricht – und das tut es, schönes Zimmer, gemütliches Rooftop-Restaurant, super nettes Personal. Genau das Richtige für unsere entkräfteten Körper. Aus den geplanten zwei Nächten wurden im Endeffekt 4, aber so konnten wir doch noch durch die faszinierende Altstadt Jaipurs mit seinen endlosen Basaren schlenden und den Windpalast besuchen, neue Kräfte auf dem erholsamen Rooftop-Garden sammeln und Bekanntschaften machen, z.B. mit Nane. Wir wussten anfangs nicht, was die weisse Dame mit dem Inderkind machte – wie sich rausstellte war es Nanes Kind – Sarah bekam grosse Augen als sie meinte Shiwan wäre der Jüngste von ihren 11 Kindern (” Wow, dann warst du aber fleissig ?!”…Neeee, 11 adoptierte Strassenkinder. Nane hat vor 8 Jahren ihr erstes Waisenhaus in Jaipur gegründet, mittlerweile sind sie auf drei Häuser gewachsen und aus verschiedenen Gründen hat sie nun Halb-Waisenkinder adoptiert und sucht momentan nach einem passenden Haus für Hort, Heim und Meditationszentrum. Eine spannende Frau mit spannenden Geschichten, die uns Einblick in die krasse kulturelle Kluft zwischen Indischer Mentalität und Europa gibt.

Krankenlazarett in Klo-Flucht-Nähe
Ob die Edelsteine echt sind? Der Bart war jedenfalls echt :)
Nix los auf dem Basar…
Meine neuen indischen Freunde – oder wollten sie nur den Geldbeutel klauen?
Indisches Pendant zu Fritti-Søren: Der Samosa-Meister von Jaipur

 

Zudem strotzen wir seit unserem Besuch in Galta (einem Hindu-Tempel in einem Felstal gelegen) nur so von Chi, langem Leben und ewigem Glück. Es war mitunter ganz lustig einmal die ganzen Götter der Hindus zu sehen (einer kitschiger dargestellt als der andere) und von einem Hindu-Priester betätschelt zu werden und ein Bindi aufgedrückt zu bekommen. Obwohl wir bisher noch nicht in die religösen Tiefen vorgedrungen sind, um sämtliche Hintergründe zu verstehen, gehen wir davon aus, dass uns zukünftig nur Gutes wiederfahren wird ;-) . Hanuman – dem Gott in Affenkostüm – ist es zudem zu verdanken, dass um den Tempel Millionen Affen leben und dort Narrenfreiheit besitzen, zur Freude der Touristen. Das Gute daran ist , dass sie im Gegensatz zu den ansässigen Hinduprisetern nicht ständig um Almosen betteln.

Sarah oben ohne – und das in Indien. Wenn das mal nicht die Blicke auf sich lenkt! Egal für Hardy gibts Snacks, lecker.
Die Tempelanlage von Gatar.
Segnung mit Bagwani und heiligem Armbändchen…oder sowas in der Art
Beim zweiten Hindu-Mönch im Gebetsraum
Bindi-Hindi, Hindi-Bindi oder nur Behindi??

Seine Gedanken: “Alde bring misch ma ne Kanne Bier ran.” 

2 Unfälle an 2 Tagen – ein Grund weiterzureisen

Man sollte ja ein neu gewonnenes Glück nicht aufs Spiel setzen, und nachdem wir an zwei Tagen in zwei Verkehrsunfälle verwickelt waren dachten wir, wir versuchen unser Glück lieber wo anders – somit gings für uns von Jaipur weiter gen Westen – das glühend heisse Dreieck ist beendet – die noch heissere Tar-Wüste lag vor uns…

Fahrt auf dem Highway to hell mit todesmutigem Rikschafahrer

Achja und bei den Unfällen passierte uns bis auf einen Schock nichts Dramatisches. Bei einem hatte die heilige Kuh, welche dem Tuk-Tuk im Weg war mit Sicherheit den grösseren Schock, bei Zweiterem hatten wir wohl den grössten Schock weil wir den Motorradfahrer beobachten konnten, wie dieser voll auf unsere Fahrradrikscha zuhielt – zu dessen Verteidigung muss man sagen, dass er einem Auto ausweichen musste. Zu unserem Glück ist die Rikscha entgegen usneren Befürchtungen nicht umgekippt. Komischerweise war Den Unfallverursachern aber unser Wohlergehen weniger wichtig als die Tatsache, dass die Achse der Rikscha futsch war und das neue Motorrad seine ersten Kratzer abbekommen hatte. Das Gefluche der Inder über den anderen war gross und wir zogen es vor zu flüchten (ob der aggresive Fahrrstil an der Hitze liegt? Hier wird jedenfalls gefahren wie auf der Card-Bahn, nur ohne Reifenstapel als Puffer!) Aber nix passiert und so gings weiter in der dampfenden, propevollen Holzklasse mit dem Zug nach Bikaner oder besser in die Thar- Wüste…

…Last but not least – ein paar Eindrücke aus Jaipur:

3 thoughts on “Das glühend-heisse Dreieck: Delhi–Agra–Jaipur

  1. Oberberken sagt:

    Tja, da schickt man eine Frau Doktor auf Reisen und was vergisst sie? Den Stöpsel! aber vielleicht hätte der auch nicht mehr “gedichtet”. Hoffentlich geht es mittlerweile wieder besser, denn der suchende Blick lenkt doch von anderen wichtigen Sehenswürdigkeiten ab.

  2. Anna-Silke-Volker sagt:

    Bild 45: Hey Alder, Du hast den Kommentar doch nicht in etwa an die Mauer von einem HEILGTUM hingeschmiert, oder????? Was ist nur aus euch geworden…… tstststs……

  3. Sarah&Hardy sagt:

    Wieso nicht, wir dachten wir verewigen uns mal am Taj Mahal mit mahnenden und klugen Worten?? eigentlich wollten wir erst: “Warum kotzed und scheissed ihr nicht, …”schreiben, war uns aber zu vulgär ;) ne spass keine Angst, nur in einer Essensbude wo die ganzen Wände so vollgesudelt waren :)
    @Oberberken: Ne den Stöpsel hät es wie einen Torpedo rausgepfeffert befürchte ich, lag wohl dran das es hier keine Salzstangen als Gegenmittel gibt :)

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